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Mehr positive Schwingungen - bitte!

Vieles lernt man erst richtig zu schätzen, wenn man es verloren hat. Diese alte Weisheit durchleben momentan wohl viele von uns. Wissen Sie, was mir dieser Tage besonders fehlt? Das gemeinsame Singen im Gottesdienst.

Der Kirchenvater Augustinus hat dazu etwas wunderbares notiert, zumindest wird es so überliefert: „Wer singt, betet doppelt.“ Singen, das ist was fürs Herz. Es tröstet. Es macht gute Laune. Es berührt die Seele.

Der Gemeindegesang ist auch ein ur-evangelisches Phänomen und Markenzeichen der Reformation. Damals, im 16. Jahrhundert, konnte ja kaum jemand lesen. Aber Singen. Auswendig. Martin Luther war selbst ein studierter Musiker und begnadeter Sänger und wusste genau, was er tat, als er wichtige Botschaften in Lieder verpackte. Die Menschen haben diese Lieder gerne weiterverbreitet, mit Spaß und Inbrunst gesungen und nebenbei etwas über den Glauben und natürlich die Ideen der Reformation gelernt. Sogar während der lateinischen Messe standen Menschen einfach auf und begannen, laut ein Lied zu singen - auf Deutsch, in ihrer Muttersprache.

Bald kam es daher zu Verboten, evangelische Lieder öffentlich zu singen. Dann wurden die Lieder stattdessen eben gepfiffen! Das führte zu seltsamen Schildern mit der Aufschrift: „Lutherisches Pfeifen verboten!“

Wie sehr Protestanten und Gesang zusammengehören, zeigt auch folgende Anekdote aus der Reformationszeit: Ein Bote brachte seinem Fürsten eine Nachricht und verkündete atemlos: „Die Protestanten sind in der Stadt!“ Der Fürst fragte: „Und? Singen sie schon?“ Antwort: „Ja, sie singen schon.“ Der Fürst darauf: „Dann sind wir verloren.“

Gott sei Dank spaltet uns der Gesang heute nicht mehr. Deutsche Lieder haben längst Einzug in katholische Messen gehalten und den Schmerz darüber, dass das COVID-19-Virus das gemeinsame Singen vereitelt, empfinden wohl alle gleichermaßen. Dabei hätten wir die Musik gerade jetzt so nötig. Luther meinte nämlich auch: „Die Musik ist eine Lehrmeisterin, die die Leute gelinder, sanftmütiger und vernünftiger macht.“ Wenn ich mir die Welt so anschaue, wünschte ich, es würde mehr gemeinsam musiziert. Wir brauchen dringend mehr positive Schwingungen! Zumindest in den eigenen vier Wänden könnten wir es heute versuchen, immerhin ist heute „Tag der Blockflöte“.


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